Wie hochbegabte Kinder von Kreativität in der Schule profitieren

Wie hochbegabte Kinder von Kreativität in der Schule profitieren

15. August 2024

Im Rahmen einer Blogparade, die Begabungsexpertin Dina Mazzotti zum Thema Kreativität ins Leben gerufen hat, ist dieser Blogartikel zum Thema: Wie hochbegabte Kinder von Kreativität in der Schule profitieren“ entstanden. Er ist eine Ergänzung zu den Ausführungen in meinem Buch „Hochbegabt gescheitert – und neue Türen öffnen sich“, in dem ich über unsere Erfahrungen mit zwei hochbegabten Kindern spreche.

Wie hochbegabte Kinder von Kreativität in der Schule profitieren

Kreativität ist ein Thema, was mir persönlich als Werbeagentur-Inhaberin sehr am Herzen liegt. Denn mein Alltag besteht aus Kreativität. Mein Lieblingsspruch für meine Kunden lautet: „Hinter jeder Ecke lauert eine neue Idee“. Das besonders, wenn es um Social Media-Marketing geht, aber das ist ein anderes Thema. Auch diverse Kreativitätstechniken, die angewandt werden können, sollen heute kein Thema sein, denn in diesem Artikel geht es ganz allgemein um die Kreativität im Schulalltag.

Heute geht es darum, von welchen Möglichkeiten im Rahmen der Kreativität vor allem hochbegabte Kinder in der Schule profitieren können. Denn im sonst recht starren Bildungssystem, in dem viele Inhalte und Lösungen bereits vorgegeben sind, bricht die Kreativität aus dem Rahmen aus und schafft Neues – wo wir schon bei der Definition wären. Und das ist auch gut so, denn das eröffnet ganz neue Welten an Ansichten, Möglichkeiten und Lösungen.

Joseph Renzulli und seine Begabungsforschung

Es ergibt sich fast von selbst, dass bei der Betrachtung des Themas Hochbegabung und Kreativität der Blick auf Joseph Renzulli mit seinem Vier-Ringe-Modell fällt. Renzulli ist ein amerikanischer, pädagogischer Psychologe und Bildungswissenschaftler, der vor allem in den späten 1970er-Jahren tätig war. Sein Schwerpunkt liegt auf der Begabungsforschung. Auf Wikipedia liest du hier mehr über ihn.

Sein Verständnis von Hochbegabung ist, dass traditionelle Intelligenztests neu bewertet werden sollten, da sie die Vielzahl von Talenten nicht abbilden. Gerade die Kreativität ist ein Aspekt, der Hochbegabte auszeichnet, denn sie haben die Fähigkeit, sich tief und breit in Themen einzudenken, viele Aspekte in Betracht zu ziehen und neue Lösungen und Möglichkeiten daraus zu entwickeln.

Hochbegabung ist nicht gleich Hochbegabung

Diese Erfahrungen haben wir selbst auch gemacht. Bei unseren beiden Kindern, die einen gleichhohen Gesamt-IQ haben, sind die Einzelwerte dennoch völlig unterschiedlich angelegt. Während der ältere Sohn große Stärken im räumlich-visuellen Wahrnehmungsbereich hat und dort sogar an der Höchstbegabung kratzt, hat der Jüngere Stärken im sprachlichen Bereich. Seine Werte sind zudem wesentlich homogener ausgeprägt als die seines älteren Bruders. Daher ist der Blick auf die individuellen Begabungen, die Ausprägungen sowie die damit verbundenen Schwierigkeiten im Schulkontext so wichtig, um eine adäquate Förderung zu erreichen.

Hochbegabt gescheitert Buch von Susanne Burzel

Gemein dürfte aber allen hochbegabten Schülerinnen und Schülern sein, dass sie von einem Bildungskonzept profitieren, welches sich auf ihre Stärken fokussiert und sie in ihrem Potenzial abholt. In meinem Buch greife ich das Modell des selbstgesteuerten Lernens auf. Ich zeige anhand eines Hospitationsberichtes, wie dieses Konzept in staatlichen Gesamtschulen umgesetzt werden kann. Es ist ein System, von dem alle Schüler profitieren können, ganz gleich, welche individuellen Begabungen und Fähigkeiten sie mitbringen.

Selbstgesteuertes Lernen regt die Kreativität an

Auch Renzulli betont, dass eine individualisierte und anregende Lernumgebung dabei hilft, das volle Potenzial jeden Schülers und jeder Schülerin zu entfalten. Sein Drei-Ringe-Modell veranschaulicht dafür den Zusammenhang und die Dynamik von Hochleistung. Die Dynamik der kreativen und produktiven Hochleistung entsteht dabei aus überdurchschnittlichen Fähigkeiten, die das Kind mitbringt, seinem Engagement der Sache gegenüber und der Kreativität, die es dabei ausleben darf. Vor allen in selbstgesteuerten Lernkonzepten finden sich dafür meines Erachtens die besten Voraussetzungen.

Kreativität bei Hochbegabten in der Schule

Sicher kennen das viele Eltern, wenn sie ihre hochbegabten Kinder beim Spielen und Basteln beobachten. Interessiert die Kinder ein Thema, dann beschäftigen sie sich intensiv damit. Wichtig ist, dass sie für sich einen Sinn dahinter erkennen, was eine wichtige Voraussetzung für die innere (intrinsische) Motivation ist. Je höher diese ist, umso höher ist das Engagement der Sache gegenüber. Dank der Möglichkeiten des sehr gut begabten Kindes, tief und breit zu denken und alles ins Kalkül zu ziehen, entwickelt es kreative Lösungen, die einzigartig und neu sind. Voraussetzungen dafür sind Zeit, Raum und Selbstbestimmung.

Das Drei-Ringe-Modell von Renzulli

Renzulli hat sein Modell so aufgebaut, dass die drei Themen Begabung, Engagement und Kreativität wie drei Ringe ineinandergreifen, sich gegenseitig beeinflussen und eine Hochleistung ermöglichen. Die Ringe sind in einen weiteren wichtigen Bereich eingebettet: Die Umwelt. Gerade das Umfeld, in der diese Fähigkeiten ausgelebt werden können, sind wichtig zu betrachten, da sie Voraussetzung für das Greifen der drei Ringe sind.

Das ist vor allem im Kontext Schule wichtig. Werden hier die Voraussetzungen nicht geschaffen, um das Aktivieren des Drei-Ringe-Modells zu gewährleisten, wird auch das Modell nicht greifen.

Das Drei-Ringe-Modell im Kontext Schule

In der Praxis bedeutet dies, dass diese Kinder zwar beim Schuleintritt zunächst hoch motiviert sind, doch sie sich schnell ausgebremst fühlen. Doch wir sind auf der Suche nach der Antwort, wie hochbegabte Kinder von Kreativität in der Schule profitieren können. Schauen wir uns daher im Einzelnen das Drei-Ringe-Modell an:

Die Begabung

Begabung und Kreativität

Die besondere Begabung bei diesen Kindern ist noch lange kein Garant dafür, dass auch die schulische Laufbahn gut gelingt. Dieser Punkt ist sehr wichtig, wenn wir die Leistungen der Kinder beurteilen. Denn Glaubenssätze wie „du brauchst keine Unterstützung, du bist doch so gut begabt“, hindern Lehrkräfte daran, sich diesen Schülern zu widmen und ihnen die Voraussetzungen zu schaffen, ihr Potenzial voll nutzen zu können.

Das Engagement

Engagement und Kreativität

Engagement: Die Kinder sehen teils keinen Sinn in den Dingen, die sie lernen sollen. Das betrifft beispielsweise den Umfang der Aufgaben, vor allem der Hausaufgaben. Sollen auf zwei Seiten oder mehr das Schreiben eines einzigen Buchstabens geübt werden, bringt das viele hochbegabte Kinder in die Verweigerungshaltung. Sie wollen schneller vorankommen und den nächsten Buchstaben schreiben - und sehen den Sinn von Wiederholungen für sich nicht.

Zum anderen betrifft es die Art der Aufgaben. Allzu oft sind Lerninhalte auseinandergerissen und in für sie unlogische Häppchen aufgeteilt. Viel lieber würden sie den Gesamtzusammenhang erfassen und tief in die Themen einsteigen. Die dritte Herausforderung im Engagement besteht darin, dass Lehrplaninhalte individuell nach ihrer Sinnhaftigkeit hinterfragt werden. Es entstehen Diskussionen mit den Lehrkräften, die für die Schüler oft nicht zufriedenstellend gelöst werden können.

Die Kreativität

Kreativität

Kreativität: Allzu gerne würden hochbegabte Schüler diesen Aspekt verwirklichen. Doch dazu kommen sie meist nicht, weil sie vorgefertigte Lösungen akzeptieren müssen oder von Lehrkräften ausgebremst werden. Entweder aus Zeitgründen, weil die Erfüllung des Lehrplans sonst in Gefahr ist, aber auch aus Angst, dass ihnen Inhalte und Lösungen aus den Händen gleiten und es jemand besser weiß als sie selbst. Vor allem die unbewussten Ängste und Vorbehalte von Lehrkräften gegenüber Hochbegabten und ihren Möglichkeiten könnten dieses Verhalten boykottieren.

Kreativität ist oft nicht erwünscht

Wir sehen, dass es gerade im Kontext Schule schwierig ist, die Kreativität bei Schülerinnen und Schülern zu wecken und fließen zu lassen. In einer konventionellen Schulorganisation mit festen Klassensystemen, vollen Klassen, einer Lehrkraft pro Klasse, wechselndem Fachunterricht und nach einzelnen Fächern strikt getrennten Lehrplänen wird die Kreativität meist direkt im Keim erstickt.

Neue Ideen von Lehrkräften sind oft unerwünscht

„Schule reproduziert sich selbst“, das ist ein Zitat, welches Cedric Lütgert bei meiner Hospitation in der Richtsbergschule Marburg äußerte. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Schüler machen das Abitur, besuchen in der Universität eine Lehrerausbildung und kehren zurück zur Schule. Der Kreis schließt sich. Und leider verschwinden neue Ideen, die junge Lehrkräfte mitbringen, allzu oft im Nirvana, da sie dem Druck des Kollegiums unterliegen.

„Wir haben es schon immer so gemacht“ ist der Tod der Kreativität

Der Mensch mag selten Veränderungen, bedeuten sie doch eine Bedrohung dessen, was sie gelernt haben und vermeintlich bisher erfolgreich umgesetzt haben. Kreative Denkansätze und neue Ideen werden daher von einigen Kolleginnen und Kollegen als bedrohlich wahrgenommen. Viel lieber bleiben sie bei ihrer Sicherheit, die sie seit Jahren leben. Das ist der Grund, warum Schule sich so schwer damit tut, neue Wege zu gehen. Und das ist der Grund, warum immer mehr Schülerinnen und Schüler den Weg in die Schulverweigerung gehen und die Schule abbrechen.

Kreativität ist die Fähigkeit, Neues zu erschaffen. Verlangen wir, dass Schüler kreativ werden, dann ist zunächst das Bildungssystem gefragt, kreative Lösungen für neue Wege in Betracht zu ziehen, anstelle sie zu boykottieren. Totschlagargumente wie „Wir haben es schon immer so gemacht und es hat uns nicht geschadet“ helfen dabei nicht weiter. Denn die Gesellschaft verändert sich. Sie wird offener, kreativer, individueller. Und wo steht Schule heute?

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Bildungsrevolution beginnt von unten

Sicher gibt es die vielen kleine Lichtblicke, und das ist auch gut so. Eine Bildungsrevolution beginnt von unten. Da machen sich Schulleiter auf den Weg und erfinden ihre Schule neu. Sehr oft gehen sie den Weg in Richtung des selbstgesteuerten Lernens. Denn das Kind an sich liebt es zu lernen. Diese grundlegende Fähigkeit soll damit aufgegriffen werden. Der Lehrer wird zum Lernbegleiter und schafft die Voraussetzungen und das Umfeld, dass die Schüler ihre Begabungen ausleben können, Engagement zeigen und kreativ werden dürfen. Das ist meines Erachtens der einzig richtige Weg.

Doch der Weg bedarf Mut seitens der Schulleiter und der Lehrkräfte loszulassen, Neues zu wagen und selbst kreativ zu werden. Sie dürfen in die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler vertrauen, dass sie ihren Weg gehen. Gleichzeitig dürfen sie ihnen Struktur geben, wo sie benötigt wird und individuell unterstützen, wenn es erforderlich ist. Dabei können sie ihren Lehrplan umsetzen, doch auf eine andere, offene Art, die den Schülern ermöglicht, selbst kreativ zu werden. Insgesamt dürfen Kinder bestenfalls praxisorientiert lernen und sich in ganzheitlichen Projekten weiterbilden.

Mehr Kreativität in der Schule sorgt für mehr Eigenmotivation

Das Ergebnis einer des offenen und selbstgesteuerten Lernens, in der die Kinder ihre Kreativität ausleben dürfen, sind Jugendliche und junge Erwachsene, die alles mitbringen, was die Arbeitswelt heute fordert: Eigenmotivation, Selbststeuerung, Selbstorganisation und vor allem eine Lösungsorientierung. Das macht den Weg in ihre Ausbildung oder in ein Studium, in dem wissenschaftliches Denken und Handeln Voraussetzung ist, leichter.

Das Ergebnis sind weniger Studienabbrecher, weil die Schüler gelernt haben, kreativ an Problemstellungen heranzugehen und diese eigenständig zu lösen. Das Ergebnis sind auch selbstbewusste junge Auszubildende, die mit Liebe und Engagement ihrer Tätigkeit nachgehen können, weil ein praxisorientierter und ganzheitlicher Unterricht sie für ihren Ausbildungsberuf früh begeistern konnte. All das beantwortet die Ausgangsfrage, wie hochbegabte Kinder von Kreativität in der Schule profitieren können – doch das gilt für alle Kinder.

Denn in einem kreativen Raum ist für alle Platz, und es wäre ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft.


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