Hochbegabung und ADHS – Fehldiagnosen ADHS bei Kindern?

3. Oktober 2024
14 Minuten Lesezeit

Bevor ich mich tief in dieses so wichtige Thema einlasse, möchte ich klarstellen, dass ich aus Sicht einer betroffenen Mutter mit einer über 15-jährigen Erfahrung auf diesem Gebiet schreibe. Ich erhebe keinen Anspruch auf wissenschaftliche Korrektheit. Ich möchte in diesem Artikel Eltern Impulse geben, aber auch Lehrkräfte und Psychologen bzw. Therapeuten dafür sensibilisieren, ein Augenmerk auf das Thema „Hochbegabung und ADHS – Fehldiagnose ADHS bei Kindern?“ zu legen. Vor allem empfehle ich in diesem Zusammenhang das Buch „Doppeldiagnosen und Fehldiagnosen bei Hochbegabung“ von James T. Webb (und anderen). (Werbung)

Von der Erziehungsberatung zur ADHS-Diagnostik

In diesem Zusammenhang möchte ich dir zunächst aus unserer kräftezehrenden Familiengeschichte erzählen, aus der dir möglicherweise Aspekte bekannt vorkommen. Unser älterer Sohn war bereits im Kindergarten auffällig. Er reagierte paradox auf Situationen, stellte Dinge an und war unglaublich wissbegierig und neugierig. Auf der Suche nach der Essenz zerstörte er Sandkästen, grub Teichschläuche aus dem Garten aus und verteilte Sägespäne in einem Hof mit Kopfsteinpflaster. Auf Spielplätzen bewegte er sich nicht auf den Spielgeräten, sondern erkundete lieber die Gegend außerhalb des Spielplatzes.

Letztendlich erhielten wir gegen Ende der Kindergartenzeit die Empfehlung, eine Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen. Die Maßnahmen liefen jedoch allesamt ins Leere. Danach folgte direkt nach der Einschulung eine erste ADHS-Diagnostik. Dazu wurde ein IQ-Test durchgeführt, der eine überdurchschnittliche Begabung von 121 ergab. Der Wert "Fluides Schlussfolgern" lag in dieser Diagnostik Hochbegabung höher als die anderen Werte. Damit war die Sache für uns erst einmal klar. Wir wussten, dass unser Sohn clever ist und Verhaltensauffälligkeiten zeigt. Das Ergebnis der Diagnostik passte somit für uns und wir fragten nicht weiter nach.

Wissenswert: Übrigens wird anders als ADHS eine Hochbegabung in der ICD-10 (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) nicht als Krankheit oder Störung klassifiziert. Das heißt, es existiert kein spezifischer ICD-10-Code für Hochbegabung. Das ADHS hingegen ist klassifiziert und in weitere Ausprägungen unterteilt. Liegt ein ADHS und niedriger IQ vor, sind die Intelligenzminderungen wiederum in Kategorien erfasst. 

Hochbegabung und ADHS - Fehl- und Doppeldiagnosen bei Kindern
ADHS und Hochbegabung kommen oft als Doppeldiagnose zusammen vor

Wenn eine Hochbegabung Verhaltensauffälligkeiten auslöst

Was vielen nicht bewusst ist, ist der Fakt, dass eine Begabung durchaus auch Symptome zeigen kann. So kann eine überdurchschnittliche Begabung oder eine Hochbegabung Verhaltensauffälligkeiten auslösen. Das bedeutet, dass diese Kinder einfach anders reagieren, als der Durchschnitt der Klassengemeinschaft. Während andere Kinder ruhig mitarbeiten, den Ausführungen der Lehrkraft folgen und ihre Übungen absolvieren, können hochbegabte Kinder durch hinterfragen oder Leistungsverweigerung auffallen. Manche werden zum Klassenclown und versuchen sich auf diese Art abzulenken.

Hier lohnt sich ein Blick auf die Definition von Hochbegabung und die Merkmale, die eine Hochbegabung begleiten. Aus diesen resultiert die Antwort, warum sich viele dieser Kinder in der Schule schwer tun und warum eine Hochbegabung Verhaltensauffälligkeiten auslösen kann. Je jünger die Kinder sind, umso mehr kann es zu einem oppositionellen Trotzverhalten kommen. Impulsivität und Intelligenz hängen somit eng zusammen. Dies durften wir immer wieder in den täglichen Hausaufgaben erleben, die sich teils über Stunden hingezogen haben. Andere Kinder wiederum reagieren mit Rückzug.

ADHS und eine überdurchschnittliche Begabung

Wir entschieden uns, das ADHS unseres Sohnes behandeln zu lassen. Dazu machten wir eine Ergotherapie und gaben nach langem Überlegen und alternativen Versuchen Medikamente. Aber all das führte uns bzw. unseren Sohn nur bedingt weiter. Dass unser Sohn über eine hohe Intelligenz verfügt, war uns klar. Dass er aber im Bereich der Hochbegabung liegt, wurde damals nicht erkannt. Ebenfalls war uns nicht klar, dass sich ADHS und Hochbegabung gegenseitig beeinträchtigen oder unerkannt bleiben können.

Wir kamen deshalb nicht auf die Idee, eine spezielle Diagnostik Hochbegabung z. B. in einer Begabungsdiagnostik zu machen. Wir gingen davon aus, dass der IQ-Test mit ADHS aussagekräftig ist. Niemand brachte uns auf die Idee, dass dem nicht so ist, und das, obwohl er alle Anzeichen einer hohen Intelligenz zeigte. Der Fokus lag aber nach wie vor auf dem ADHS.

Ich möchte an dieser Stelle keine Diskussion über das Pro und Contra von Medikamenten anstoßen. Vielmehr lade ich dich ein, unsere komplette Geschichte zu Hochbegabung und ADHS inkl. Schulverweigerung in meinem Buch „Hochbegabt gescheitert – und neue Türen öffnen sich“ nachzulesen. Damit wird sicher vieles klarer.

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LRS – die Kinder zeigen Auffälligkeiten auch in anderen Bereichen

Unser Sohn wurde älter und hinterfragte immer mehr die Dinge, mit denen er sich beschäftigte oder beschäftigen sollte. Er langweilte sich im Unterricht und beteiligte sich nur dann mündlich, wenn ihn etwas wirklich interessierte. Leider waren seine Leistungen bei einem LRS-Test (Lese-Rechtschreib-Schwäche) in der weiterführenden Schule auffällig. Seine äußerst pragmatische Art äußerte sich darin, dass unser Sohn keinen Wert auf Rechtschreibung oder Lesbarkeit legte. Also besuchte er ab der 5. Klasse für ca. 3 Jahre einen LRS-Nachmittagskurs.

Damit profitierte er von einem Notenschutz. Denn die Rechtschreibung, die bei ihm katastrophal war, wurde in den Arbeiten und Hausaufgaben nicht bewertet. Darüber waren wir sehr froh, denn es bedeutete für uns ein Problem weniger. Auffällig war jedoch, dass unser Sohn in den LRS-Nachmittagseinheiten eine 1A-Rechtschreibung in einer Schönschreibung hinlegte, die sofort hätte gedruckt werden können. Die Lehrkräfte konnten sich keinen Reim darauf machen, trotzdem beließen sie ihn in dem Kurs.

Schulvermeidung - wenn die ADHS-Diagnose nicht mehr alles erklären kann

So zog sich Schuljahr um Schuljahr hin. Unser Sohn vermied immer mehr die Schule. Mit Einsetzen der Pubertät nahm er keine Medikamente mehr, da er sie nicht mehr vertragen hatte. Er reagierte mit innerlicher Unruhe und Übelkeit. Die Schulvermeidung wurde schlimmer und mündete schließlich in einer Schulverweigerung, als er 15 Jahren alt war.

Natürlich versuchten wir händeringend eine Lösung zu finden. Endlich stolperte ich über das Wort „Underachievement“, was gemeinhin mit "Minderleistung" übersetzt wird. Darauf gehe ich in diesem Artikel ausführlich ein.


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Gefunden hatte ich dies auf der Website der Psychologin Frauke Niehues, die sich besonders mit ADHS und Hochbegabung beschäftigt. „Na gut, aber Hochbegabung ist ja für uns kein Thema“, dachte ich. Trotzdem las ich weiter und stieß auf den Part „Fehl- und Doppeldiagnosen“. Das fesselte mich jetzt doch und ich überlegte nun doch, ob bei unserem Sohn eine Hochbegabung vorliegen könnte.

Ein neues Feld: Fehl- und Doppeldiagnosen

Frauke Niehues stellte die Symptome von Hochbegabung und Höchstbegabung anderen psychischen Störungen wie ADHS, Autismus Spektrum Störung, Störung im Sozialverhalten, Borderline und weiteren gegenüber, die mich mehr und mehr erstaunten. Und tatsächlich konnte ich die Aspekte unseres Sohns nach dieser Tabelle eher der Hochbegabung zuordnen als dem ADHS. Zumindest erstaunten mich die Überschneidungen sehr.

Wie sich Hochbegabung äußern kann und was dahintersteckt

  • Langeweile, Unterforderung: schnelles und komplexes Denken
  • Vermeintliches Chaos: Visuell-räumlicher Denk- und Lernstil
  • Inakzeptanz von Unlogischem, Verkomplexisierung: hohe logische und analytische Fähigkeiten
  • Ungeduld und Ablehnung von Routinen: sehr gutes Gedächtnis
  • Mangelnde Aneignung von Grundfertigkeiten und Lernstrategien: benötigt wenig Übung
  • Unangenehmes Hinterfragen: kritisches Denken
  • Unkonventionell: Offenheit und Non-Konformität
  • Reizdosierung: Inputbedarf
  • Überforderung der Umwelt: Hohe Energie
  • Emotionsregulation und soziale Schwierigkeiten: Hohe Sensibilität bzw. Sensitivität

(Quelle: https://www.xn--knnen-macht-spass-zzb.de/de/nachrichten-leser/fehl-und-doppeldiagnosen.html)

Kann also eine Hochbegabung Verhaltensauffälligkeiten wie ein oppositionelles Trotzverhalten auslösen, die an andere Neurodivergenzen erinnern? Gerade diese Aspekte werden gleichzeitig auch dem ADHS zugeordnet. Daher kannst du dir sicher vorstellen, wie schwer es sein muss, eine eindeutige Diagnostik vorzunehmen. Ganz schnell sind wir hier also bei Hochbegabung und AHDS sowie bei Fehl- aber auch Doppeldiagnosen. Oder anders gesagt: Impulsivität und Intelligenz können aufgrund der Ursachen Hand in Hand gehen.

Schau dir dazu auch mein Video an und abonniere gerne meinen YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/@susanneburzel_autorin

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Mehr Informationen

Eine Begabungsdiagnostik klärt über Hochbegabung auf

Als unser Sohn 16 Jahre alt war, entschieden wir uns, eine Begabungsdiagnostik machen zu lassen. Wir waren sehr überrascht, als unser Sohn in den Bereich der Hochbegabung fiel. Ein Wert lag sogar nahe der Höchstbegabung. Das stimmte uns einerseits froh, aber auch traurig. Denn bereits in der Grundschule hätte viel mehr in Richtung Hochbegabung unternommen werden können. Jetzt in der Pubertät war das Kind in den Brunnen gefallen, denn der Fokus lag stets auf den Defiziten. Die Gelegenheit einer ernsthaften Förderung in der Schule aber auch unsererseits war verpasst.

Das bedeutet, dass die Frage, ob ein IQ-Test mit ADHS aussagekräftig ist, beantwortet werden kann. Denn wie die beiden Würfel im folgenden Bild gibt es die Seite der hohen Potenziale und auf der anderen Seite die Seite des ADHS. Somit kann sich beides gegenseitig beeinflussen. Die Symptome von ADHS und Hochbegabung sind sich sehr ähnlich, die Ursachen können aber unterschiedlich sein. Das ist wichtig zu wissen, wenn es im nächsten Schritt darum gehen soll, welche therapeutischen Maßnahmen auch in der Schule erfgriffen werden sollen. Ein genaues Hinschauen ist hier wichtig.

Hochbegabung und ADHS bei Kindern
Die Herausforderungen mit der Doppeldiagnose ADHS und Hochbegabung

Hochbegabung und ADHS: Zwischen Behandlung und Förderung

Die Liste von Frauke Niehues brachte mich zum Nachdenken. Ich informierte mich weiter, schaute Videos und sah mir Interviews an. (Die Links zu den wichtigsten findest du auch in meinem Buch.) Gerade im außerschulischen Bereich hätte ich wesentlich stärker den Fokus auf die Hochbegabung legen können – wenn ich davon gewusst hätte. Gerne wäre ich mit meinem Sohn Mitglied bei dem Verein Mensa oder bei der DGhK geworden. Die Tür für Familientreffen mit anderen hochbegabten Kindern hätte offen gestanden. Schon früh hätte er Gleichgesinnte finden können und sein Gefühl des Andersseins hätte sich möglicherweise weniger stark ausgeprägt.

So gab er aber irgendwann auf, weil sich für ihn gefühlt die ganze Welt gegen ihn verschworen hatte. Seine Offenheit für förderliche Maßnahmen während seiner Pubertät bewegte sich gegen Null. Für uns war das ganz klar eine verpasste Chance zulasten des Kindes bzw. mittlerweile Jugendlichen. Wenigstens hatten wir als weiteren Grund für die Schulverweigerung die Hochbegabung. Sie erklärte im Nachhinein einiges.

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Fehldiagnosen vermeiden und Doppeldiagnosen professionell auffangen

Ich möchte hier noch ergänzen, dass es auch Doppeldiagnosen geben kann. Ich bin heute davon überzeugt, dass unser Sohn zweifach außergewöhnlich war (twice exceptional students). Zumindest bis zur Pubertät. Warum es so wichtig ist, die richtigen Diagnosen zu stellen, ergibt sich aus folgenden Überlegungen, die sich an die Diagnostiken anschließen:

  • Was passiert nach der ADHS-Diagnostik? Wie gehen die Familie, die Schule und das Umfeld, wie Vereine und Freunde damit um?
  • Ist ein IQ-Test mit ADHS aussagekräftig? Möglicherweise sollte zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal explizit auf die Begabung in einer Begabungsdiagnostik geschaut werden.
  • Ist eine Medikation notwendig oder sinnvoll? Bei einer Fehldiagnose könnte dies fatale Wirkungen durch eine Falschbehandlung nach sich ziehen.
  • Wie wird das Kind als ganzheitliches Individuum wahrgenommen? Mit großen Stärken aufgrund der Begabung oder eher mit Defiziten aufgrund der psychischen Störung?
  • Wie kann eine Förderung der Hochbegabung auch bei Vorliegen einer gleichzeitigen psychischen Störung erfolgen? Wichtig ist hier, die Ursachen zu den vorliegenden Symptomen zu finden. Das betrifft das Leistungsverhalten aber auch das Sozialverhalten.

Die Psychologin Frauke Niehues betont, dass Fehldiagnosen „weitreichende negative Folgen für das Selbstbild und Selbstwirksamkeitserleben des HB (Hochbegabten) haben“. (Quelle: https://www.xn--knnen-macht-spass-zzb.de/de/nachrichten-leser/fehl-und-doppeldiagnosen.html)

Die Diagnose psychischer Störungen beruht zum großen Teil auf Beobachtungen

Stellt man eine Diagnose aufgrund einer Verletzung, ist diese meist eindeutig: ein gebrochenes Bein, Steine in der Galle, Herzinfarkt. Die Diagnostik im Rahmen der psychischen Erkrankung hingegen sieht anders aus. Meist erfolgt dies in Form einer Beobachtungsdiagnostik.

Das heißt, das Verhalten und die Leistungen des Kindes werden in verschiedenen Testreihen fachlich beobachtet und getestet. Ergänzend werden Fragebögen der Angehörigen und der Erzieher/Lehrkräfte hinzugezogen. Daraus entsteht ein Gesamtbild. Doch sind die Angaben verlässlich und ist die Diagnose somit valide, also gültig? Wie ist das mit der Diagnostik von ADHS und Hochbegabung? Wie sehr ist ein IQ Test mit ADHS aussagekräftig? Gibt es einen Verdacht auf weitere Neurodivergenzen?

Hochbegabung und Verhaltensauffälligkeiten
Hochbegabung und Verhaltensauffälligkeiten

In unserem Fall erhielten wir, als unser Sohn in der 8. Klasse war, die Empfehlung für eine Autismus Spektrum Störung-Diagnostik seitens der Lehrkräfte. Damals wurde es noch Asperger Autismus genannt. Unser Sohn war 80 % des Unterrichts nicht ansprechbar und saß nahezu apathisch auf seinem Stuhl. Er war in seiner inneren Welt und in Gedanken versunken, dass ihn seine Umgebung und was dort passierte, einfach nicht interessierte. Er sah keinen Sinn in vielen Unterrichtsinhalten, die er ebenso oft bei Lehrkräften hinterfragte. Also tippten diese auf einen Autismus und baten uns, diesem nachzugehen. Denn auch wir stocherten im Trüben, warum unser Sohn sich so verhielt.

Apathie im Unterricht – Autismus, ADHS oder Hochbegabung?

Kurze Zeit später stießen wir eine entsprechende Diagnostik an. Es folgten wieder Fragebögen, Gespräche und ein IQ-Test. Der untersuchende Arzt konnte jedoch keine Auffälligkeiten feststellen, wohl aber das Vorliegen eines ADS (die Hyperaktivität war verschwunden). Ein Jahr später besuchte unser Sohn eine Reha-Maßnahme, da sich die Situation in der Schule immer weiter verschlimmerte.

Im Abschlussgespräch fragte uns die Psychologin, warum wir keine Autismus-Diagnose erhalten haben, er zeige deutliche Symptome. Wir schauten sie verwundert an, denn damit hätten wir nicht gerechnet. Sie empfahl uns, eine weitere Diagnostik zu machen, was wir aber nicht taten. Es lagen bereits so viele Diagnostiken hinter uns und vor allem hinter unserem Sohn, der sie meist geduldig ertrug.

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Fehldiagnose ADHS - eine überraschende Wendung zur Hochbegabung

Als unser Sohn ca. 1 Jahr später in einer Wohngruppe untergebracht war, um seinen Realschulabschluss in einer Förderschule für Hochbegabte nachzuholen, zeigte er Symptome einer Depression. Also fand er wieder den Weg in eine psychologische Praxis. Da die Begabungsdiagnostik erst ein Jahr zurücklag (ein IQ-Test sollte nur alle 2 Jahre erfolgen) und die Hochbegabung bereits bestätigt war, erfolgten die Untersuchungen nur im psychischen Störungsbereich: ADHS, Autismus, Depression.

Beim Abschlussgespräch überraschte uns der Arzt mit einer Zusammenfassung, die wiederum neu für uns war und eine interessante Erklärung lieferte. Er sagte, dass die Diagnostiken für ADHS, Autismus und Depression unauffällig gewesen seien. Sämtliche Besonderheiten, die unser Sohn zeigt, würden aber auf dem heterogenen Testergebnis der Hochbegabung resultieren. Hatten wir also eine Fehldiagnose ADHS? Nach Untersuchungen aus dem Jahr 2012 gab es 16,7 % Fehldiagnosen ADHS. So schreiben Autoren im Deutschen Ärzteblatt 2012: ADHS wird beispielsweise auch dann diagnostiziert, „wenn die Diagnosekriterien nicht erfüllt sind“. (Quelle) Ich denke, das sollte man einfach wissen.

Hochbegabung kann Symptome von ADHS, Autismus und Depression zeigen

Da die Werte ziemlich auseinanderliegen, wäre es kein Wunder, dass er diese Eigenschaften zeigt. Er würde sich so sehr in seinen Gedanken verstricken, weil er aufgrund seiner Hochbegabung sehr schnell denkt. In diesem Gedankenkonstrukt bliebe er dann hängen und käme kaum noch heraus. Unser Sohn würde sich damit praktisch selbst ständig überfordern. Aufgrund seines heterogenen Begabungsprofils müsse er lernen, damit zu leben.

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Hochbegabung und ADHS - Fehl- und Doppeldiagnosen liegen eng zusammen

Ich fasse unseren Diagnostikmarathon noch einmal zusammen. Damit möchte ich verdeutlichen, wie eng Fehl- und Doppeldiagnosen zusammenliegen können, vor allem die Fehldiagnose ADHS. Aber auch, welches Leid unsere Kinder erfahren müssen, wenn sie falsch behandelt oder nicht gefördert werden. Ganz zu schweigen davon, wie es für sie sein muss, diesen Diagnosemarathon auszuhalten.

Gleichzeitig möchte ich betonen, dass es viele begründete ADHS-Diagnosen gibt und dass ADHSler durchaus Hilfe und Unterstützung erhalten sollen, wenn sie es wünschen. Besonders im Erwachsenenalter gibt es derzeit immer mehr Menschen, die ihre ADHS-Diagnose spät erhalten. Therapeutische oder / und eine medikamentöse Begleitung sollten in Anspruch genommen werden, wenn der Wunsch oder die Notwendigkeit vorhanden sind. Sollten die IQ-Werte im überdurchschnittlichen Bereich liegen, wäre möglicherweise eine spezielle Begabungsdiagnostik ergänzend interessant. Vielleicht finden sich hier auch weitere spät erkannte Hochbegabte, so wie ich es eine bin.

Trotzdem möchte ich dafür sensibilisieren, aus meiner Sicht als Mutter, dass es nicht die eine absolut verlässliche diagnostische Lösung gibt. Das Kind verändert sich ständig, es ist im Wachstum und entwickelt sich weiter. Gerade ein ADHS kann sich mit der Pubertät verändern. Heute bin ich überzeugt, dass es bei unserem Sohn so war, doch belegen kann ich es nicht. Auch auf Nachfragen in medizinischen Kreisen konnte mir niemand dazu eine verlässliche Antwort geben. Das ist für mich ebenfalls ein Hinweis darauf, wie "flexibel" das Thema ist.

Unsere Diagnostikreise – ein langer Leidensweg

  • ADHS mit überdurchschnittlicher Begabung
  • ADHS mit normaler Begabung (keine Lust auf den Test)
  • LRS-Diagnose in der Schule (keine Lust aufs Diktat, pragmatisch in der Rechtschreibung)
  • Autismus Spektrum Störung mit normaler Begabung (genervt vom Klinikbesuch) ausgeschlossen, aber ADS-Diagnose
  • Hochbegabung mit heterogenem Ergebnis (sehr wohl gefühlt)
  • Ausschluss von ADHS (Fehldiagnose ADHS?), Autismus Spektrum Störung, Depression

Du siehst, dass das Thema Fehl- und Doppeldiagnosen ein weites und wichtiges Feld ist. Letztendlich geht es darum, Kindern die richtigen Maßnahmen zukommen zu lassen. Sicher sind wir nicht die Einzigen, die viele Diagnostiken hinter sich haben. Umso wichtiger finde ich es, über dieses Thema zu sprechen und dafür zu sensibilisieren. Natürlich gibt es dazu die unterschiedlichsten Meinungen, fachlich, schulisch und erzieherisch. Speziell die Eltern haben ein Bauchgefühl für ihre Kinder. Das sollte bei all der Diagnostik nie außer Acht gelassen werden.

Wie gehe ich bei einem Verdacht auf Hochbegabung vor?

Meine Empfehlung, die ich bei meinen Interviews wiederhole, ist: Wenn du den Verdacht hast, dass dein Kind besonders begabt ist, dann lass zunächst eine Begabungsdiagnostik bei einem erfahrenen Begabungsdiagnostiker machen. Dieser wird sicher einen Test nutzen, der für das Kind geeignet und gleichzeitig anerkannt ist. Der Vorteil ist, dass dieser eine gute Atmosphäre schafft, damit das Kind sein Potenzial vollumfänglich zeigen kann.

Du erhältst nach der Diagnostik ein Gutachten, welches für die Schule – sofern sie offen dafür sind – hilfreich sein kann. Sollten dennoch noch weitere Auffälligkeiten auftreten, ist eine klinische Diagnose zu den psychischen Störungen ratsam. Und ja, in der klinischen Diagnostik werden ebenfalls IQ-Tests im Rahmen der Diagnostik erstellt. Diesen würde ich aber aufgrund der ohnehin schon defizitären Betrachtungsweise und Atmosphäre auslagern und vorher machen lassen.

Du möchtest mehr über unsere "Odyssee" erfahren? Lies unsere Geschichte mit zwei betroffenen Kindern in meinen Buch "Hochbegabt gescheitert - und neue Türen öffnen sich."

Susanne Burzel Autorin

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Das Angebot ist akkreditiert in der Lehrkräfte-Akademie Hessen.

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Hallo, ich bin Susanne!

Susanne Burzel Autorin
2024 veröffentlichte ich mein Buch "Hochbegabt gescheitert - und neue Türen öffnen sich". Seitdem schreibe ich in meinen Blogartikeln über meine Erfahrungen zum Selfpublishing aber auch über Hochbegabung und allem, was das Thema berührt. 

Ich führe seit über 12 Jahren meine eigene Werbeagentur und profitiere von einer vielfältigen Erfahrung (Grundschullehramt, Diskothek, Werbekauffrau, Dipl. Betriebswirtin, Dirigentin, Autorin, Podcasterin). 

Meine eigene Hochbegabung entdeckte ich erst, als ich 52 Jahre alt war. Ich möchte Eltern Mut machen und Lehrkräfte sowie Verantwortliche für das Thema sensibilisieren.

Meine Publikationen

Hochbegabt gescheitert Susanne BurzelEin Baumhaus zum Träumen Susanne BurzelBusiness Helden Susanne Burzel

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