Mir schossen Tränen in die Augen. Ich wurde aus heiterem Himmel von den unterschiedlichsten Emotionen getroffen. Dabei saßen wir gerade gemütlich beim Frühstücken in einem Lokal an der Schlachte in Bremen. Seit ein paar Tagen waren wir vor Ort, um uns mit anderen Hochbegabten und Höchstbegabten zu treffen, Veranstaltungen zu besuchen und uns auszutauschen. Die Zeit war voller schöner Begegnungen und tiefen Emotionen. Warum mich letztere an diesem Morgen überwältigten und vieles mehr, liest du in diesem Rückblick zum Mensa-Jahrestreffen 2025 in Bremen.
Über 1.200 Hochbegabte trafen sich in Bremen
Vor zwei Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich mal auf ein Hochbegabten-Treffen fahre. Damals ahnte ich noch nichts von meiner Hochbegabung. Mein Buch „Hochbegabt gescheitert – und neue Türen öffnen sich“ machte es aber möglich, dass ich auf einer solchen Veranstaltung eine Lesung anbieten durfte. Also meldete ich uns an und buchte das Hotel für die Zeit des mehrtägigen Treffens.

Wer ist Mensa Deutschland e. V.?
Der Verein Mensa ist ein Netzwerk für hochbegabte Menschen in Deutschland mit mehr als 18.000 Mitgliedern. Mitglied werden kann man mit einem gemessenen und bestätigten IQ-Wert von 130 und mehr. Weltweit gibt es Mensanerinnen und Mensaner, die sich privat und auch beruflich austauschen. Mehr zum Verein erfährst du hier.
Eine perfekte Organisation des Hochbegabten-Vereins Mensa
Die Organisatoren des Vereins Mensa Deutschland e. V. haben alles gegeben. Jedes Jahr findet ein Mensa-Treffen statt, im letzten Jahr war es Düsseldorf. Etwas über 1.200 Mitglieder waren nach Bremen gekommen. Anlaufstelle war das zentral gelegene Atlantic Grand Hotel, welches als Kongresshotel diente.
Bereits im Vorfeld konnten wir uns zu zahlreichen interessanten Veranstaltungen, Führungen, Workshops und sogenannten Dine Arounds anmelden. Mit einem ausgeklügelten Online-Reservierungssystem war das ganz einfach. Meine Lesung war ebenfalls im Programmheft aufgeführt. Ca. 40 Plätze waren bei Buchungsschluss vergeben, was mich sehr freute.

Interessante Veranstaltungen und Workshops luden zum Austausch ein
Unser erster Weg in Bremen führte uns am direkt ins Kongresshotel. Jeder erhielt eine Tasche mit Utensilien und einen Ausweis an einem gelben Lanyard. Das war das Erkennungszeichen für die nächsten Tage. Auf diese Weise kamen viele Gespräche zustande, ganz gleich ob im Hotel oder irgendwo in der Stadt. Wir fühlten uns unter Gleichgesinnten, was schön war.
Zudem erhielten wir ein Programmheft sowie die Gutscheine für unsere gebuchten Veranstaltungen. So kamen wir in den Genuss von Führungen bei Rheinmetall und Airbus, aber auch im Logenhaus der Freimaurer. Mensa-Guides begleiteten jeweils die Gruppen. Auch hier war alles vom Abmarschpunkt bis nach der Veranstaltung bestens organisiert.

Aus diesem Buch mit unserer persönlichen Geschichte mit Hochbegabung, ADHS und vielen Diagnostiken habe ich gelesen: „Hochbegabt gescheitert - und neue Türen öffnen sich“.
Bei Amazon - oder im Buchhandel erhältlich: ISBN 978-3982620169
Im Kongresshotel liefen alle Fäden zusammen
Wir verschafften uns zunächst einen Eindruck im Kongresshotel. Neben drei Vortragsräumen gab es einen Ruheraum, einen Puzzle- und Spieleraum, einen Familienraum sowie einen Aufenthaltsraum. Vor dem Orga-Büro konnte man Mensa-Merchandise-Artikel kaufen oder Bücher tauschen.
Hier traf ich direkt die Loslassexpertin Ulrike Alt, die aus dem Raum München angereist war. Ich kenne sie bereits aus Social Media, sie ist auf vielen Kanälen aktiv. Zudem hatte sie mich im Juli 2024 zu meinem Buch interviewt. Es war schön, sie endlich einmal persönlich zu treffen. Sie war ebenfalls Referentin auf dem Mensa-Jahrestreffen.
Meine Lesung zu „Hochbegabt gescheitert – und neue Türen öffnen sich“
Direkt am ersten Tag stand meine Lesung auf dem Programm. Der Raum füllte sich und so durfte ich schließlich vor den angemeldeten Mensanerinnen und Mensanern von unserer Geschichte erzählen und aus meinem Buch lesen. Ich wurde mit wohlwollenden Reaktionen, mitfühlenden Gesichtsausdrücken und Fragen belohnt. Nach der Lesung unterhielt ich mich noch mit ein paar Teilnehmenden und war beeindruckt von den unterschiedlichen Geschichten.


Eine Begegnung stimmte mich jedoch traurig und nachdenklich. Eine junge Frau sagte zu mir: „Ich habe noch nichts geschafft in meinem Leben. Die Gesellschaft erwartet etwas anderes von mir.“ Ihre Resignation machte mich betroffen. Ich bin mir sicher, dass sie viele großartige Stärken hat, die aber nicht ins System zu passen scheinen. Aber es sollte nicht die letzte Begegnung dieser Art sein.
Interessante Begegnungen und tragische Geschichten
Habe ich schon geschrieben, dass die Organisation des Jahrestreffens einfach umwerfend war? So waren sogenannte Dine Arounds in verschiedenen Restaurants u. a. an der Schlachte in Bremen geplant. Hier konnte jeder die Lokalität wechseln, um neue Menschen kennenzulernen. Wir hatten dafür keine Plätze reserviert. Während des Abendspaziergangs trafen wir aber jemanden, der gerade ein neues Lokal aufsuchte und auch auf meiner Lesung war.
Es war ein erwachsener Mann, wach, aufmerksam und schnell. Seine erste Frage war: „Hast du auch einen Tipp für mich, was mir als Erwachsener hilft?“ Die Frage zielte auf seine berufliche Laufbahn ab. Er erzählte von den anspruchsvollen handwerklichen und technischen Projekten, an denen er arbeitet. Doch er würde sich im Arbeitslosengeld 2 befinden. Auch hier bin ich sicher, dass er ein Experte und Spezialist in dem ist, was er tut.
Doch leider tun sich manche Unternehmen schwer, mit etwas anderen Persönlichkeiten umzugehen. Es ist schon tragisch, welches Potenzial hier brach liegt. Auch dieses kurze Gespräch ließ uns betroffen zurück. Dieser Mann war voller Träume und Ideen. Ich wünsche ihm, dass er sie verwirklichen kann und Gleichgesinnte findet, die sein Potenzial erkennen und ihn unterstützen.
Unter Gleichgesinnten beim Hochbegabten-Treffen in Bremen
Viele dieser hochtalentierten Menschen tun sich möglicherweise mit gewöhnlichen Dingen und Umgebungen schwer. Einige befinden sich nahe dem Autismus Spektrum oder haben ADHS. Andere wirken normal und angepasst. Diesen vielfältigen Menschen ist eins gemein: Ein großes Potenzial des anders Denkens, eine schnelle Auffassungsgabe, Lösungsorientierung, spezielle Fertigkeiten und vieles mehr, was Hochbegabung ausmacht.
Aus diesem Grund fühlte sich das Mensa-Jahrestreffen so an wie ein großes Familientreffen. Besonders die Menschen, die möglicherweise sonst anecken durch ihre Art, ihr Wissen oder ihre Interessen, stießen hier auf Gleichgesinnte. Das dies als wohltuend empfunden wird, zeigt, wie wertvoll diese Treffen speziell für Hochbegabte sind. Diese Menschen fühlen sich zugehörig und werden so akzeptiert, wie sie sind. Das ist oft das Wichtigste für sie.

Ein Frühstück mit vielen Emotionen
Am dritten Tag entschieden wir uns, in einem Lokal zu frühstücken anstelle im Hotel. Es lag direkt an der Schlachte und die Qualität überzeugte uns bereits an den vorangegangenen Tagen. Direkt nach Öffnung des Lokals suchten wir uns einen schönen Platz. Es war ein runder Tisch inmitten von anderen Tischen in einer gemütlichen Ecke des Restaurants.
Am Nebentisch nahmen zwei junge Mensaner Platz und frühstückten ebenfalls. Ich erkannte dies an ihren gelben Lanyards, die wir selbst jedoch an diesem Morgen nicht trugen. In ihrem Gespräch hörte ich, dass ein Mensa Youth-Frühstück für Jugendliche und junge Erwachsene dort stattfinden sollte.
Die Mischung aus Wut, Trauer und Begeisterung
Eine Stunde später füllte sich das Lokal mit jungen Menschen. Auch hier waren die unterschiedlichsten Persönlichkeiten zu beobachten. Manche kannten sich untereinander und begrüßten sich fröhlich, andere waren neu dabei. Mich beeindruckte vor allem, dass jeder direkt freundlich aufgenommen wurde.
Und dann waren sie plötzlich da, die Tränen. Ich durchlief die unterschiedlichsten Emotionen von Trauer bis Wut, von Begeisterung bis Enttäuschung. Mein Mann schaute mich fragend und sorgenvoll an, doch ich brachte kein Wort heraus. Zu sehr kämpfte ich mit meinen Gefühlen, denn ich wollte nicht losheulen. Ich unterdrückte sie, soweit es ging.
Warum die frühe Erkennung von Hochbegabung so wichtig ist
Nach ein paar Minuten hatte ich mich wieder gefangen. Es stimmte mich traurig, dass unsere Kinder nie die Gelegenheit hatten, in diesem Verein als Kinder und Jugendliche Fuß zu fassen. Der Grund war, dass ihre Hochbegabung erst mit 16 bzw. 14 bestätigt wurde. Sie befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits in der Pubertät und hatten ihren eigenen Kopf. Das bedeutet, dass sie in dieser Phase immun gegen Tipps von uns Eltern waren.
Wäre die Hochbegabung bereits in frühen Kinderjahren entdeckt worden, hätte ich dafür gesorgt, dass sie früh unter Gleichgesinnte kommen. Vereine wie Mensa bieten Spielkreise an bis hin zu Ferienfreizeiten. Ich bin sicher, das hätte einen hilfreichen Ausgleich zu den Schulproblemen gegeben. Unsere Kinder hätten sich zugehörig gefühlt. Stattdessen haben sie sich in ihren Zimmern eingeschlossen, um sich der Welt zu entziehen.
Ja, das klingt dramatisch, aber genau so habe ich empfunden in diesem Moment. Als wir wieder zu Hause waren, relativierte unser jüngerer Sohn meine Gedanken, indem er sagte: „Hochbegabte sind doch auch nur Menschen wie alle anderen.“ Damit mag er recht haben, doch ich hätte ihm und seinem Bruder gerne in frühen Kinderjahren diese andere Welt gezeigt.

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Mein Herzensanliegen wächst immer mehr
In diesem emotionalen und aufwühlenden Moment habe ich etwas gelernt und für mich beschlossen. Mehr denn je möchte ich über Hochbegabung und ihre Herausforderungen aufklären und für das Thema sensibilisieren. Das betrifft die Bereiche der Fehldiagnosen, der Inhalte der Lehramtsausbildung sowie der Sensibilisierung von Lehrkräften.
Ich möchte Eltern ermutigen, dass sie eine Begabungsdiagnostik in Betracht ziehen, wenn sie eine besondere oder hohe Begabung bei ihrem Kind vermuten. Sollte diese von Verhaltensauffälligkeiten oder psychosomatischen Beschwerden flankiert werden, ist die Klärung der Begabung für mich der erste logische Schritt. Erst danach sollten weitere klinische Diagnosen im Bedarfsfall erfolgen.
Das Drama spät erkannter Hochbegabung
Meine eigene Hochbegabung als erwachsene Frau wurde entdeckt, als ich bereits 53 Jahre alt war. Für mich ist das ok, denn ich habe nicht das Gefühl, dass mein Leben mit Diagnose anders verlaufen wäre. Mir fiel es immer leicht, mich gut anzupassen und hatte wenige Freundinnen, auf die ich mich verlassen konnte. Die Schule durchlief ich bis auf Mobbingerfahrungen und eine Klassenwiederholung relativ unauffällig.

Im Fall meiner Kinder sah das anders aus. Sie hatten viel stärker mit dem Schulsystem zu kämpfen als ich. Sie haben sich gegen das System gewehrt, denn es passte nicht zu ihnen. Doch ADHS und ADS lagen zunächst als Gründe vor. Um die Begabung kümmerte sich niemand. Somit verpassten wir viele Möglichkeiten, die Kinder unter Gleichgesinnte zu bringen. Das bedaure ich heute sehr.
Was das Mensa-Jahrestreffen 2025 mit mir gemacht hat
Das Mensa-Jahrestreffen 2025 in Bremen war intensiv und hat bei mir nachhaltig Eindruck hinterlassen. Es war mein erstes Mensa-Treffen und es wirkt nach. Ich versuche ein Fazit in drei Punkten:
- Mensa ist ein wunderbarer Verein, in dem sich Hochbegabte austauschen und Gleichgesinnte finden können. Das ist für viele hilfreich. Zudem gibt es ein Bewusstsein, dass Hochbegabung auch problematisch sein kann, der Verein wirkt in diese Richtung.
- Es gibt vielfältige und interessante Persönlichkeiten in den Vereinsreihen. Viele davon haben mich beeindruckt und auch betroffen gemacht. Umso stärker ist der Wunsch in mir gewachsen, noch stärker aufzuklären und unsere Geschichte zu erzählen.
- Mensanerinnen und Mensaner sind nicht besser als andere Menschen. Sie sind und denken einfach nur anders und haben ein großes Potenzial. Dieses Anders-Sein schweißt sie zusammen. Für unsere Kinder wünsche ich mir, dass sie dieses Gefühl auch erleben dürfen, damit sie sich zugehörig und gesehen fühlen.
Der Verein Mensa in Deutschland e. V. bietet dafür ein gutes Forum. Ich sage von Herzen danke für diese Erfahrungen. Sie ermutigen mich, weitere Lesungen anzubieten und Workshops für Schulen zu konzipieren und durchzuführen.