Das Konzept zur Einschätzung der Denkweise als Growth Mindset und des Fixed Mindset bietet eine Erklärung dafür, warum manche Menschen resignieren und andere schnell vorankommen. Darüber hat auch Bob Blume schon in seinem Buch "Warum noch lernen" geschrieben. Das Konzept stammt von der amerikanischen Psychologin Carol Dweck. Sie ist bekannt für ihre Forschungen zu Motivation und Mindset (die Art zu Denken) und der Überzeugung, dass die Sichtweise auf uns selbst unsere Lebensführung maßgeblich beeinflusst. (Quelle)
Definition von Growth Mindset und Fixed Mindset
Das Growth Mindset lässt sich als Wachstumsdenken übersetzen. Ihm liegt ein dynamisches Weltbild zugrunde. Herausforderungen werden als Chancen gesehen, Fehler als Lernchancen betrachtet. Menschen mit einem Growth Mindset sind der Überzeugung, dass man sich stetig durch Anstrengung und Lernen verbessern kann.
Ein Fixed Mindset unterliegt einem unveränderlichen, statischen Selbstbild. Diese Menschen glauben, dass die erzielten Ergebnisse von angeborenen Begabungen und Intelligenz herrühren. Sie sehen keine Chance, durch Anstrengung oder Lernen Verbesserungen herbeizuführen.

Die Haltung eines Growth Mindsets
Menschen mit einem Growth Mindset erkennt man an typischen Aussagen, wie:
- Ich kann es noch nicht
- Scheitern ist eine Möglichkeit zum Lernen
- Ich nehme diese Challenge zum Wachsen gerne an.
- Ich tue alles dafür, dass ich das jetzt lerne
- Die Erfolge anderer inspirieren mich.
Sie nehmen gerne Herausforderungen an und lernen aus Fehlern. Anstrengung ist für sie wichtig, um Erfolge zu erzielen. Dabei legen sie den Schwerpunkt auf ständige Verbesserung. Konstruktive Kritik bringt sie weiter.
Die Haltung eines Fixed Mindsets
Wenn Menschen in einem Fixed Mindset festhängen, sagen sie oft:
- Ich kann das nicht.
- Scheitern zeigt mir meine Grenzen.
- Ich mag es nicht, herausgefordert zu werden.
- Ich entziehe mich den Rückmeldungen anderer Menschen.
- Der Erfolg anderer schmerzt mich.
Diese statisch geprägte Denkweise ist auf Unveränderlichkeit aufgebaut. Talente und Begabungen bewerten diese Menschen als angeboren und nicht entwickelbar. Erfolge sind für sie reine Glückssache oder Zufall. Sie haben große Angst vor dem Scheitern und meiden daher Anstrengungen.
Einmal Fixed Mindset – immer Fixed Mindset?
Ich denke, dass jeder Mensch Anteile von Fixed Mindset und Growth Mindset in sich trägt. Dies ist bei jedem individuell ausgeprägt. Speziell bei Hochbegabten kann diese Ausprägung als „zwei Seelen in einer Brust“ extrem ausfallen. Ebenfalls unterliegt die Gewichtung der beiden Konzepte der jeweiligen Situation, in der sich die Person befindet.
So können wir erleben, dass Menschen aufgrund ihrer Persönlichkeitsentwicklung ein Growth Mindset entwickeln. Im Gegenzug können sie durch drastische Erlebnisse oder schleichende negative Prozesse in ein Fixed Mindset fallen. Es ist immer ein Zusammenspiel zwischen Menschen und ihrem Umfeld, welches das Fixed Mindset oder das Growth Mindset fördern kann.
Das Konzept des Growth Mindset und Fixed Mindset bei Hochbegabten
In den Eigenschaften von Hochbegabung liegen die besonderen Herausforderungen für die Entwicklung eines Growth Mindset oder eines Fixed Mindset begründet. Denken wir nur an die schnelle Auffassungsgabe und daran, dass diesen Kindern in der Grundschule vieles zufliegt.
Wenn sie dann für ihre Intelligenz gelobt werden, besteht die Gefahr, dass sie ein Fixed Mindset entwickeln, weil sie über sich lernen: „Ich bin schlau, ich brauche mich nicht anstrengen, meine Begabung ist angeboren.“ Die Folge ist, dass sie später schwierige Aufgaben meiden, um ihr Selbstbild beizubehalten. Die Angst vor dem Scheitern spielt hier eine große Rolle.

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Warum das Growth Mindset für Hochbegabte in der Schule so wichtig ist
Aufgrund des Vermeidungsverhaltens, welches in einem Perfektionismus oder in der Angst vor Scheitern begründet sein kann, ist es möglich, dass diese Kinder in ein Underachievement rutschen. Sie leisten dann weniger, als ihr Potenzial es vermuten lässt. Hier wird deutlich, wie komplex sich die Thematik darstellt und wie sie sich bis hin zur Schulverweigerung entwickeln kann. Dieser Prozess kann sich in einer schleichenden Abwärtsspirale über viele Jahre hinweg zeigen.
Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass Lehrkräfte bereits früh auch die besonders Begabten im Blick haben. Denn neben den Eigenschaften von Hochbegabung im System Schule spielt die Entwicklung des Growth Mindsets eine große Rolle für den Erfolg dieser Kinder und späteren Jugendlichen.
Wie du als Lehrkraft das Growth Mindset bei Hochbegabten fördern kannst
Das schulische Ziel ist die Entwicklung eines gesunden Selbstbildes und Selbstwertgefühls. Dabei ist ein Growth Mindset eng mit der wertschätzenden und motivierenden Haltung der Lehrkraft verknüpft. Folgende Maßnahmen kannst du ergreifen, die darüber hinaus für alle Schülerinnen und Schüler positiv wirken:
- Prozesslob statt Intelligenzlob: Anstatt das Kind für seine Eigenschaften zu loben: „Du bist so schlau“ sollte das Lob sich auf die Anstrengungsbereitschaft beziehen: „Du hast eine gute Strategie gefunden.“
- Fehlerfreundlichkeit: Kinder dürfen lernen, dass Fehler ein wichtiger Teil des Lernens sind. Gerade bei Hochbegabten kann dieser Lernprozess zu einem schwierigen Unterfangen werden, da der Hang zur Vermeidungshaltung aufgrund von Perfektionismus bei ihnen stark ausgeprägt sein kann. Hilfreich ist es dann, sich nach einem eingestellten Erfolg den Weg dorthin noch einmal in Erinnerung zu rufen. Fehler können so nachträglich als wichtiger Lernschritt bewertet werden.
- Gezielte Herausforderungen anbieten: Anstelle Hochbegabten mit folgenden Worten mit einfachen Aufgaben zu beschäftigen: „Zeig erst einmal, dass du das kannst, dann gebe ich dir etwas Schwierigeres“, könntest du diesen Schülern direkt anspruchsvolle Aufgaben geben. Nur durch gezielte Herausforderungen können Hochbegabte Frustrationstoleranz und Ausdauer entwickeln, jedoch nicht durch Wiederholungen und Übungen, die für sie keinen Sinn ergeben.
- Reflektion: Das Sichtbarmachen der Erfolge ist wichtig, um diese wertzuschätzen. Das Bewusstmachen der Prozesse und das Innehalten sowie die Reflektion im Prozess selbst unterstützen die Selbstregulation. Diese sind wichtige Voraussetzungen für Selbstorganisation und Selbststeuerung im eigenen Lernprozess und dienen als Grundlage für die gesamte Lebensführung.
Ein persönliches Fazit zum Schluss:
Unser älterer Sohn hatte als Kind ein starkes Growth Mindset. Er probierte alles aus, experimentierte, scheiterte, probierte neu, bastelte und wollte allen Dingen auf den Grund gehen. Eine unersättliche Neugier, die wir zuhause kaum stillen konnten, prägte ihn. Im Freizeitbereich war er bei den Young Scientists und überzeugte dort mit ungewöhnlichen Lösungen.
Mit Schuleintritt änderte sich dies. Ständige Wiederholungen und Übungen hinterfragte er. Im Unterricht langweilte er sich, störte den Unterricht und resignierte immer mehr. Bei einer Ferienspielaktion als Teenager wurde die Veränderung in ein Fixed Mindset deutlich. Er bastelte etwas, doch es gelang ihm nicht. Also ließ er es ganz sein und verweigerte die Mitarbeit von da an. Bildlich gesprochen saß er in einem Ferrari (Potenzial), hatte aber stets die Handbremse angezogen (Fixed Mindset). Schließlich verweigerte er die Schule für 2 Jahre.
Als junger Erwachsener begann er eine Ausbildung als Elektrotechniker, die ihn komplett begeistert. Er blühte auf und legte Extrameilen ein, sogar im Freizeitbereich. Wenn er heute in unserem Haus etwas in der Elektronik verändert, bleibt er so lange dran, bis er eine Lösung gefunden hat und setzt diese perfekt um. Sein Growth Mindset wurde durch die richtige Umgebung und ein förderndes Umfeld wieder aktiviert. Der Ferrari nutzt wieder seine volle PS.

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