Immer wieder höre ich Diskussionen, ob eine Diagnose bei neurodivergenten Kindern notwendig sei. Es gibt Gründe dafür, aber auch Gründe dagegen. Auch ich habe nach unserem Diagnostik-Wahnsinn, über den ich in meinem Buch „Hochbegabt gescheitert – und neue Türen öffnen sich“ geschrieben habe, eine eigene Meinung. Daher werde ich in diesem Artikel die verschiedenen Sichtweisen sowie die Auswirkungen von Diagnosen auf die verschiedenen Beteiligten diskutieren. Schauen wir uns also 5 Gründe an, warum eine Diagnose wichtig ist.

In meinem Buch "Hochbegabt gescheitert - und neue Türen öffnen sich" kannst du mehr über all die Herausforderungen, die wir mit Neurodivergenzen und Schulabstinenz bewältigen mussten, erfahren.
Bei Amazon - oder im Buchhandel erhältlich: ISBN 978-3982620169
Grund 1: Selbstverständnis und Selbstakzeptanz bei neurodivergenten Kindern fördern
Möglicherweise bist du selbst neurodivergent? Ich mag dieses Konzept der Neurodivergenz sehr, denn dahinter verbergen sich Herausforderungen, die von der Norm abweichen. Zu nennen sind hier Hochbegabung, ADHS, Autismus Spektrum Störung, LRS, Dyskalkulie, Hochsensibilität und einiges mehr. Wenn du mehr über Neurodivergenzen allgemein wissen möchtest, lies gerne diesen Artikel.
Wenn ein Kind sich anders fühlt, wirkt sich das auf den Selbstwert aus
Wenn ein Kind in die Schule kommt und in das Spektrum der Neurodivergenzen fällt, was passiert dann? Unser Sohn wurde regulär eingeschult, obwohl die Erzieherinnen überlegten, ihn aufgrund seiner sozialen Auffälligkeiten noch ein Jahr zurückzustellen. Seine kognitiven Leistungen waren jedoch stark ausgebildet, so dass es höchste Zeit war, dass er die Schule besucht.
In der ersten Klasse entwickelte sich die Hausaufgabensituation schnell als zermürbend für ihn und mich. Er hinterfragte die Aufgaben, träumte und weigerte sich, mehr zu tun, als er musste. Wenn er etwas verstanden hatte, dann war das Thema für ihn abgeschlossen. Wiederholungen und Übungen hasste er. Dies zählt zu den typischen Eigenschaften von Hochbegabung.

Nutze gerne mein Mindset-Kartenset:
Durch kleine Veränderungen in deinem Denken kannst du Großes bewirken. Lerne jeden Tag spielerisch, dich selbst zu beobachten. Zieh täglich eine Karte und schule dein Mindset! Du kannst das Kartenset für 19,95 inkl. Versand bestellen.
Eine Diagnose kann dem Kind helfen, seine Einzigartigkeit zu akzeptieren
Unser Sohn wurde im Unterricht auffällig, uns wurde eine ADHS-Diagnostik nahegelegt. Dieses wurde diagnostisch bestätigt und mit ihr eine überdurchschnittliche Begabung, die Hochbegabung wurde erst mit 16 getestet. Unser Sohn verhielt sich in der Grundschule nonkonform. Sein Anderssein spürte er und er reagierte darauf mit Unverständnis und versuchte verzweifelt, Kontakt zu anderen Kindern aufzubauen.
Ein Kind in dieser Situation kann daraufhin Selbstzweifel entwickeln. Es fühlt, dass es anders ist als die anderen, findet aber keine Erklärung dafür. In diesem Fall ist es aus meiner Sicht sinnvoll, mit dem Kind die Diagnose zu besprechen und es darin zu begleiten, diese zu verstehen. So kann es ein neues Bild von Selbstverständnis aufbauen und sich selbst so akzeptieren lernen, wie es ist.

Grund 2: Eine Diagnose ermöglich den Zugang zu Unterstützung und Therapie
Eine Diagnose öffnet die Türen für Behandlungen und Therapien. Dabei kommt es immer darauf an, wie sehr die betroffene Person unter der Neurodivergenz leidet. Die Grundschullehrerin unseres Sohnes hat es so ausgedrückt: „Einem ADHS-Kind, welches darunter leidet, keine Medikamente zu geben, könnte unterlassene Hilfeleistung sein.“ Dieser Satz ist diskussionswürdig. Denn ich würde entgegnen: „Wäre es nicht möglich, das System Schule so anzupassen, dass die Eigenschaften von ADHS da gut hineinpassen?“
Neurodivergente Kinder profitieren von der Schmetterlingspädagogik
Nun sind wir aber „Gefangene des System“, auch wenn wir beginnen, uns daraus zu befreien. Selbstregulierte und offene Lernkonzepte möchte ich hier als positive Beispiele einbringen. Ich denke auch, dass neurodivergente Kinder beispielsweise in der Schmetterlingspädagogik sehr gut aufgehoben wären. Dazu habe ich das Buch von Stefan Ruppaner "Das könnte Schule machen" rezensiert, da ich das Konzept höchst interessant finde.
Trotzdem ist es immer wichtig, den Betroffenen zu fragen oder zu beobachten, ob er gut mit der Situation zurechtkommt. Das sollte immer ein Ausgangspunkt für eine Diagnostik oder Unterstützung sein. Bei Kindern sind es die Eltern, die das entscheiden. Oft sind diese Entscheidungen schwierig, da Unsicherheit zu den nächsten Schritten besteht, die sich an eine Diagnostik anschließen.

Das DSGVO-konforme Online-Terminplaner und Terminbuchungstool: > Hier entdecken. (Werbung aus Kunden-Erfahrungen)
Die Therapie von Neurodivergenzen ist immer eine individuelle Entscheidung
Bei unserem Sohn bemerkten wir in der dritten Klasse, als die Noten mehr und mehr abrutschten, dass dies Auswirkungen auf seinen Charakter und sein Wohlbefinden hat. Das war für uns der Punkt, nach allem, was wir bereits versucht hatten, ihn medikamentös einzustellen. Es war unser letzter Strohhalm, der uns wenigstens bis zum Eintritt in die Pubertät über Wasser gehalten hatte. Die Gabe von Medikamenten ist eine sehr individuelle Entscheidung.
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle das Thema Doppeldiagnosen und Fehldiagnosen ansprechen. So kann eine Hochbegabung oft von einer anderen Neurodivergenz begleitet sein. Die Betroffenen nennt man dann twice exceptional, also zweifach außergewöhnlich. Es ist aber auch möglich, dass eine Fehldiagnose gestellt wird, da die Symptome sich überschneiden. Lies dazu unbedingt diesen Artikel. Das Thema liegt mir sehr am Herzen, denn auch wir waren betroffen davon.

Grund 3: Entlastung und Orientierung für das schulische und häusliche Umfeld
Neben dem Aspekt, dass es für Betroffene hilfreich sein kann, eine Diagnose zu haben, ist es ebenso hilfreich, wenn das Umfeld davon weiß. Konkret meine ich damit Eltern und Lehrkräfte, bzw. Erzieherinnen und Erzieher. Vielleicht auch Vereine oder andere Organisationen, in denen das Kind aktiv ist.
Neurodivergente Kinder können sich nicht zusammenreißen
Eine Diagnose bietet eine Erklärung, warum das Kind sich so und nicht anders verhält. Es eröffnet ein Verständnis dafür, dass das Verhalten nicht die Schuld oder eine böse Absicht des Kindes ist, sondern dass es einfach nicht anders kann. Diese Veränderung des Blickwinkels rückt das Kind in ein neues Licht, welches wiederum hilfreich für seinen Selbstwert ist.
Mehr als andere hören ADHS-Kinder, dass sie ruhig sein sollen, sitzen bleiben sollen oder nicht in den Unterricht hineinrufen sollen. Das macht etwas mit den Kindern. Weiß die Lehrkraft von der Ursache, kann sie dem Kind anders begegnen und alternative Hilfsangebote machen.

Bist du auf der Suche nach zuverlässigen Rechtstexten für deine Webpräsenzen?
Sei immer Up to Date bist du mit dem Update-Service der IT-Recht-Kanzlei. Erfahrungsgemäß ändern sich ca. 2x im Jahr rechtliche Daten. Ich empfehle die Kanzlei seit 2021 meinen Werbeagentur-Kunden - inkl. anwaltlicher Haftung.
Jetzt rechtlich absichern.(Werbung aufgrund persönlicher Erfahrungen)
Der Blick auf das neurodivergente Kind ändert sich mit einer Diagnose
Die Lehrerin unseres Sohnes hatte ihm erlassen, die Schreibschrift zu lernen. Es hatte ihn komplett überfordert. Als die anderen Schüler nachfragten, sagte sie: „Mit S. habe ich diesen Vertrag, mit euch einen anderen.“ Damit war die Sache erledigt und alle haben das akzeptiert. Heute gibt es viele neurodivergente Lehrkräfte, die öffentlich Impulse für einen leichteren Umgang mit neurodivergenten Kindern in der Schule geben.
Mein Blick auf meinen Sohn hat sich nach der ADHS-Diagnose mit einem Buch verändert: ADD – eine andere Art die Welt zu sehen (Werbung). Dort beschreibt der Autor die Eigenschaften des ADHS mit Jägern: Immer auf dem Sprung, flexibel, einfallsreich, spontan, kreativ, wachsam, alle Sinne aktiv etc. Im Gegensatz dazu gibt es die Farmer: Verlässlich, vorsorgend, fürsorglich, fühlt sich in Strukturen wohl etc. Unser Bildungssystem ist übrigens auf die Farmermentalität ausgerichtet, das nur nebenbei.

Grund 4: Gemeinschaft und Identität unter Neurodivergenten
Wenn ich von meiner Neurodivergenz weiß, kann ich mich anderes akzeptieren, auch, wenn es ein herausfordernder Prozess ist. Wenn ich weiß, es gibt noch mehr wie mich da draußen, dann fühle ich mich nicht mehr allein. Nehme ich Kontakt zu diesen Menschen auf, kann ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen.
Eine frühe oder späte Diagnostik hilft, sich selbst besser zu verstehen
Als bei unserem Sohn die Hochbegabung in einer Begabungsdiagnostik festgestellt wurde, war er 16. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr schulabstinent. Unsere Geschichte erzähle ich dir hier genauer. Als er auf die Förderschule für Hochbegabte kam, befand er sich das erste Mal unter Gleichgesinnten. Das hat etwas mit ihm gemacht, denn so fröhlich hatten wir ihn selten erlebt.
Meine eigene Diagnose zur Hochbegabung war erst 2023. Ich bin also eine spät hochbegabt erkannte erwachsene Frau. Für mich war die Diagnose ebenfalls ein Aha-Erlebnis, denn ich konnte viele Dinge aus meiner Kindheit und Jugend im Nachhinein erklären und verstehen. Ich fühlte mich damals ebenfalls nicht zugehörig.

Für mehr Selbstwertgefühl von Kindern: "Ein Baumhaus zum Träumen". Ich habe ein Buch für die perfekte Abendroutine für (hochsensible) Kinder mit Traumreisen geschrieben.
Vorlesebuch für Kinder ab 4 Jahren - bei Amazon.
Auch als Hörbuch hier erhältlich. (selbst von mir eingesprochen)
Heute wird mit Neurodivergenzen offen umgegangen
Heute outen sich in den Medien immer mehr Promis, die ADHS, Depression oder andere Neurodivergenzen haben. Robbie Williams, Eckart von Hirschhausen, Torsten Sträter und viele mehr helfen anderen dabei, ihre eigene Diagnose zu akzeptieren. Oder sie geben zumindest den Anstoß, sich einer Diagnostik zu stellen, wenn der Verdacht schon lange in ihnen schwelt.
Speziell für Hochbegabung, worum es in meinem Blog hauptsächlich geht, gibt es Vereine, in denen sich Hochbegabte austauschen. Zu nennen ist hier Mensa aber auch die Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind. Hätte ich früher von der Hochbegabung meiner Kinder gewusst, hätte ich sämtliche Angebote für Kinder in Anspruch genommen, um ihnen den Austausch unter Gleichgesinnten frühzeitig zu ermöglichen.

Grund 5: Praktische Vorteile einer Diagnose
Ein praktischer Grund soll abschließen, warum eine Diagnose bei neurodivergenten Kindern sinnvoll ist. In der letzten Zeit habe ich immer wieder davon gelesen, dass Eltern von ADHS-Kindern eine Pflegestufe beantragen können. Als unser Sohn seine erste Diagnose erhielt, war davon nicht die Rede.
In der Schule sind Nachteilsausgleiche möglich, wenn Lehrkräften eine Diagnose vorliegt. Unser Sohn erhielt einen Notenschutz, da er in der fünften Klasse LRS-auffällig war und einen Extra-Kurs am Nachmittag besuchte. Das hat uns bis zur 8. Klasse geholfen, den schulischen und somit auch familiären Druck herauszunehmen.
Diagnosen waren für uns wichtig, damit unser Sohn einen Schulabschluss machen konnte
Unser Sohn hätte die 10. Klasse der Förderschule für Hochbegabte nicht besuchen können, hätte er nicht die beiden Diagnosen Hochbegabung und ADHS gehabt. Nur damit war es dem Jugendamt möglich, den Schulbesuch und den Aufenthalt in einer Wohngruppe zu fördern. An diesen Diagnosen hingen die Förderung nach §35a SGB VIII sowie die sonderpädagogische Förderung (ESE) seitens des Schulamts.
Auch Assistenzleistungen, wie Schulbegleiter und vieles mehr sind dank einer Diagnose möglich. Das Feld an Hilfestellungen ist groß, wir haben dort nur einen kleinen Blick hineingeworfen. Wenn du weitere Unterstützungsmöglichkeiten kennst, schreib sie gerne in die Kommentare, damit andere davon erfahren.

Neurodivergente Kinder: 5 Gründe, warum eine Diagnose wichtig ist
Mit dem Titel meines Blogartikels habe ich es schon vorweggenommen: Ich finde Diagnosen wichtig und sinnvoll. Ich muss jedoch dazu sagen, dass meine Meinung eng mit der heutigen Zeit verknüpft ist. Mit einer Situation, in der sich das Bildungssystem und das System Schule auf traditionelle und veraltete Weise präsentieren.
Meine Meinung ist also vom aktuellen Zeitgeist beeinflusst, der sich aber ändert. Schulentwicklungsmaßnahmen fassen immer mehr Fuß, wie auch die drei großartigen Zitate von 3 Lehrkräften in diesem Artikel zeigen. Ebenfalls erwähnte ich die Schmetterlingspädagogik von Stefan Ruppaner. Daneben gibt es noch viele weitere Ansätze, wie das UDL (Universal Design of Learning), welches neurodivergente Kinder besser im Blick hat.

Von Null bis zum Amazon-Bestseller - 44 Seiten erprobtes Praxiswissen! (Meine geheimsten Tipps)
Du möchtest gerade am Anfang gezielt die richtigen Schritte tun, um das Potenzial deines Buches auszuschöpfen, um Amazon-Bestseller zu werden?
Erfahre hier mehr zum E-Book, und wie es dir helfen kann, Amazon-Bestseller zu werden.
In einer anderen Zukunft könnte auf viele Neurodivergenz-Diagnosen verzichtet werden
Doch bis es soweit ist und sich Schule verändert hat, sind wir gefangen in einem System, in welchem Diagnosen hilfreich für den Umgang mit neurodivergenten Kindern sein können. Das große Gegenargument, dass man Kinder damit in Schubladen steckt, ist das einzige, dem ich zustimme. Dies obliegt jedem Einzelnen, ob er oder sie das tun. Natürlich entscheidet auch der Leidensdruck der Betroffenen, ob für sie persönlich eine Diagnose wichtig und hilfreich ist. Das sollte immer der Ausgangspunkt für einen diagnostischen Schritt sein.
In einer idealen Zukunft haben wir ein gesellschaftliches System und vor allem ein Schulsystem, in dem keine Diagnosen notwendig sind. Darin kann jedes Kind so sein, wie es möchte. Von Farmer bis Jäger, von ADHS bis Hochbegabung, von LRS bis Autismus Spektrum Störung. Einfach nur deshalb, weil der individuelle Blick aufs Kind gelingt und Schule vom Kind aus gedacht wird. Dadurch erhält das Kind den pädagogischen Rahmen, in dem es seine Stärken und sein individuelles Potenzial nutzen kann.
Du bist Lehrkraft und möchtest dich über Hochbegabung und Underachievement informieren? Lerne hier meinen Workshop kennen:

Weiterbildung für Lehrkräfte - Workshops in Schulen mit Susanne Burzel:
Underachievement bei Hochbegabung erkennen und wirksam begegnen
Wie erkennst du Underachievement rechtzeitig? Welche Ursachen stecken dahinter? Und vor allem: Was kannst du als Lehrkraft konkret tun, um betroffene Schülerinnen und Schüler zu fördern und zu begleiten?
Das Angebot ist akkreditiert in der Lehrkräfte-Akademie Hessen.










